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Radfahren
Also Fahrradfahren ist in Shanghai total cool! Auf dem Fahhrad sitze ich wie auf einem Schiff. Aber die chinesischen Fahrräder sind anscheinend auch nicht zum Schnellfahren da, sondern zum Ruhigfahren. Die Chinesen fahren alle soooo langsam... Mein Fahrrad hat einen schicken Korb, den man super zum Einkaufen benutzen kann, und sogar eine Wegfahrsperre im Lenker! Lustig, als der Typ im Laden uns das erklärt hat. Aber es hat keine Gangschaltung. Die hab ich allerdings auch erst selten vermißt, denn Berge oder Hügel gibt es hier keine. Alles total glatt. Fahrrad fährt man natürlich auf der Straße, die gut asphaltiert ist. Nur wenn es ein Schild gibt: "Fahrräder verboten", dann sollte man manchmal besser auf dem Fußweg fahren, weil die Autofahrer dann noch weniger Rücksicht nehmen. Was aber, wenn auf dem Fußweg so viele Leute sind? Dann kann man das Schild zur Not auch einfach ignorieren. Für Autofahrer gilt eine strengere Regel: es gibt viele Straßen, die von Autos nur in einer Richtung befahren werden dürfen. Dann gibt es aber trotzdem eine Gegenspur, auf der dann Fahrräder fahren können. An größeren Straßen gibt es meist sowieso eine eigene breite Spur für Fahrräder, die manchmal noch durch eine Stufe von der Straße abgetrennt ist. Aber man profiert von den guten Straßen und muß nicht wie in Deutschland ständig Straßenlaternen ausweichen!
Ich glaube in Shanghai gibts bestimmt fünfmal soviele Fahrräder wie Autos. Bestimmt fahren die Autos nur deswegen immer so aggressiv (besonders beim Linksabbiegen: die halten ja nicht an, weil ein paar Fahrräder geradeausfahren wollen), damit sie überhaupt eine Chance zum Vorwärtskommen haben. Und was man alles per Fahrrad transportieren kann: ein oder zwei Mitmenschen; ca. 200 l Wasser oder so; 50 Tauben, 5 Meter lange Bambusstangen (aus denen hier die Baugerüste zum großen Teil bestehen) oder was eben grade mitmuß. Der Fahrradfahrstil hier ist sicher angenehmer für diejenigen, die etwas schweres transportieren müssen: Die meisten fahren ziemlich langsam, aber dafür stetig. Egal ob eine rote Ampel da ist, ob Fußgänger über die Straße laufen oder ob man quer nach links über eine große Kreuzung möchte. Nur manchmal gibt es an sehr großen Kreuzungen zusätzlich zu den Ampeln Polizisten, die durch Handzeichen nochmal bestätigen, was die Ampeln eigentlich sowieso schon regeln sollten. Die Polizisten werden dann allerdings im Gegensatz zu den Ampeln meistens beachtet; vor allem auch weil zu den Uniformierten noch ein paar zivile Helfer auf jeder Straßenseite stehen und die Fußgänger fast handgreiflich vom Loslaufen abhalten.
Zu den ganzen Fahrrädern gibt es auch richtige Fahrradparkplätze. Die meisten Einkaufszentren haben eigene, die auch bewacht werden. Bei manchen muß man dann auch 4 Mao (ca. 10 Pfennig) dafür bezahlen, sein Fahrrad direkt vor dem Eingang abstellen zu können. Bei unserem Lieblingsparkplatz in Xujiahui (unserer Metrostation) ist es aber kostenlos. Dafür gibts sogar noch eine Sondervorstellung, denn der Wachmann läuft manchmal (aus Langeweile?) die ganze Zeit rückwärts über den Platz. Das ist offensichtlich gesund, denn auch in den Parks tun das ein Haufen alter Leute. Auf den Parkplätzen gibt es keine Fahrradständer, sondern die Fahrräder werden immer nur so angeschlossen. In der Uni gibt es sogar einige Parkplätze mit Dach, das ist ziemlich günstig, da es hier ständig anfangen kann zu regnen.
Naja, eigentlich ist bei unserem Fahrradparkplatz vor dem Wohnheim auch immer einer, der auf einem Stühlchen hockt und irgendwie aufpaßt. Nachts oder am Sonntag scheint der aber nicht da zu sein. Denn heute mittag komme ich aus dem Haus um mit dem Fahrrad zur U-Bahn zu fahren, und es ist weg!!! Einfach so. Ediths stand direkt daneben, und das ist noch wohlbehalten. Obwohl mein Fahrrad ganz normal angeschlossen war, wie alle hier, ist es einfach nicht mehr da! Großer großer Mist!! Ich hab mich sehr geärgert, eigentlich ärgere ich mich immernoch. Und irgendwie ist mir das unverständlich, denn hier auf dem Campus stehen bestimmt 1000 Fahrräder (mindestens) rum, und alle sind nur so mit einem Schloß an sich selbst angeschlossen, wie meins auch. Wenn da ständig jemand klauen würde, hätte man doch sicher schon eine bessere Sicherungsmethode erfunden? Oder jemand hat ausgerechnet nur meins geklaut... Naja, natürlich hatte ich auch die schicke Wegfahrsperre nicht abgeschlossen, weil ich dachte das wäre überflüssig. Mein Fahrrad sieht immerhin aus wie alle, es ist einfach schwarz und war auch schon schmuddelig vom Regen und so. Jedenfalls hört jetzt die Fahrradgeschichte daher zwangsläufig erstmal wieder auf. Ich werd mir zwar bestimmt morgen oder so wieder ein neues kaufen, aber vielleicht diesmal doch das billigste, das ich bekommen kann. Eh es wieder geklaut wird... (Die hätten es doch wenigstens erst nach einem halben Jahr oder so klauen können, und nicht nach einer Woche!)
Fahrradfahren ist einfach zu sinnvoll. Es gibt nur zwei U-Bahnlinien, und die Busse sind wohl nicht so zuverlässig und immer überfüllt. Viele Ausländer fahren ständig Taxi, aber das kann mit der Zeit auch teuer werden. Außerdem finde ich das spießig, in Deutschland bin ich auch nie Taxi gefahren. Und dann hier den Ausländer raushängen lassen, ich weiß nicht. Da fahre ich lieber im Regen mit dem Fahrrad in einen Club wie letztens, das ist cool. =) Es gibt aber selten Ausländer auf Fahrrädern, noch seltener als sowieso schon. (Obwohl ich mit "Ausländer" immer Weiße meine, weil ich die Japaner und Koreaner so schlecht von den Einheimischen unterscheiden kann. Die Asiaten selbst sehen den Unterschied zwar oft sehr klar, aber mir fällt es oft nur bei genauerem Hinsehen auf.) Manche andere Verkehrsteilnehmer erschrecken sich sehr beim Anblick von zwei blonden Mädchen auf Fahrrädern. Wir warten immernoch auf den ersten Unfall, weil jemand uns mit offenem Mund hinterherstarrt.

Zuletzt geändert am 16. September 2001.